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ASKETA-Tagung in Geesthacht: Standortgemeinden von kerntechnischen Anlagen stellen gemeinsame Forderungen auf 

Quelle: Stadt Geesthacht

Wie geht Deutschland künftig mit den über Jahrzehnte entstandenen radioaktiven Abfällen um? Welche Konsequenzen resultieren daraus für die Standortgemeinden von Atomkraftwerken sowie Zwischenlagern und wer wird in die Endlagersuche eingebunden? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich die Arbeitsgemeinschaft der Standortgemeinden kerntechnischer Anlagen in Deutschland, kurz ASKETA. Und in erster Reihe diskutiert Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze mit – denn er ist stellvertretender Präsident der Gruppe, die 1994 gegründet wurde und sich als bundesweit agierende Interessenvertretung der Standortgemeinden versteht. „Es ist wichtig, dass wir unsere Positionen zu diesen Zukunftsfragen deutlich machen. Denn wir Standortgemeinden haben in der Vergangenheit bereits durch den Betrieb und den Rückbau der kerntechnischen Anlagen entscheidende gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernommen und werden diese auch in den nächsten Jahrzehnten übernehmen“, betont Olaf Schulze, der Gastgeber des jüngsten Treffens der Interessengemeinschaft war. Erstmals tagte die Interessenvertretung in Geesthacht. Im Informationszentrum des Kernkraftwerkes Krümmel tauschte sich die ASKETA mit Vertreterinnen und Vertretern der BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH, des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) sowie der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) aus. Darüber hinaus hatte die Interessengemeinschaft Vertreterinnen und Vertreter der Bundespolitik eingeladen. Dr. Nina Scheer (SPD) folgte der Einladung. Dr. Ulrike Täck, energiepolitische Sprecherin der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, nahm an der Tagung teil. „Der Austausch war während der Tagung sehr konstruktiv. Frau Dr. Scheer hat beispielsweise angekündigt, dass sie für uns ein Treffen in Berlin auf bundespolitischer Ebene organisieren möchte. Das wäre sehr gut, denn die ASKETA-Forderungen können nur umgesetzt werden, wenn die Bundespolitik handelt“, sagt Olaf Schulze. Und das ist auch eine der Kernforderungen des Thesenpapier, das die ASKETA nach vielen Gesprächen formuliert hat: „Politische Zusagen müssen eingelöst werden.“

Die Kernforderungen auf einen Blick:

- Die ASKETA fordert, dass die Fristen für die Endlagersuche möglichst verkürzt und zumindest eingehalten werden – ohne Sicherheitsfragen im Prozess zu vernachlässigen.

- Kompensationszahlungen für alle Standortgemeinden kerntechnischer Anlagen, deren Grundstücke durch die Zwischenlager nicht anderweitig genutzt werden können.

„Dass wir 2057 wie angekündigt ein Endlager haben werden, ist Utopie. Das heißt, das Material wird bei uns wesentlich länger liegen, als angekündigt – unsere Flächen sind dadurch blockiert“, erklärt ASKETA-Präsident Josef Klaus, Bürgermeister der Gemeinde Niederaichbach. „Gorleben und Ahaus bekommen Entschädigungen. Wir anderen Standortgemeinden möchten gleichbehandelt werden.“ In ihrem Thesenpapier fasst die ASKETA diesen Punkt folgendermaßen zusammen: „Angesichts der deutlich verlängerten Lagerzeiträume und der damit verbundenen Belastungen fordern die ASKETA-Gemeinden dringend eine verbindliche, gesetzlich gesicherte und jährlich ausgezahlte Kompensation. Diese soll eine faire und gerechte finanzielle Anerkennung für die immensen infrastrukturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lasten darstellen, die unsere Kommunen im Interesse der gesamten Gesellschaft tragen.“ Konkret fordern die ASKETA-Gemeinden, eine jährlich verstetigte Zahlung an jede Standortkommune eines Zwischenlagers in Höhe von:

  • 2.000.000 Euro Sockelbetrag pro Standort und Jahr
  • zusätzlich 10.000 Euro pro eingelagertem Castor-Behälter und Jahr
  • dynamische Anpassung dieser Beträge entsprechend dem jährlichen Preisindex

„Diese Forderung orientiert sich an den bestehenden Regelungen in Ahaus und Gorleben, wo bereits heute Kompensationszahlungen durch die BGZ (Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung) an die Kommunen geleistet werden. In Ahaus werden diese Zahlungen bereits seit 1984 geleistet – mit einem heutigen Volumen von rund 1.278.000 Euro jährlich (ursprünglich 2,5 Millionen DM). Auch in Gorleben bestehen vergleichbare Verträge mit den Kommunen vor Ort. Eine Gleichbehandlung aller Standortkommunen ist zwingend geboten“, heißt es in der gemeinsamen Veröffentlichung. „Die ASKETA hat sich über viele Jahre hinweg als verlässlicher, konstruktiver und engagierter Partner im gesamtgesellschaftlichen Prozess der nuklearen Entsorgung erwiesen. Unsere Mitgliedsgemeinden tragen die Hauptlast der Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle – eine Aufgabe, die mit erheblichen Herausforderungen verbunden ist: infrastrukturell, wirtschaftlich, gesellschaftlich, planerisch und sicherheitstechnisch.

Unsere Gemeinden tragen diese Verantwortung nicht erst seit gestern. Viele von ihnen sind bereits seit Jahrzehnten mit der Lagerung radioaktiver Stoffe betraut und werden diese Rolle auch in den kommenden Jahrzehnten übernehmen müssen. Diese dauerhafte Belastung kann jedoch nicht einseitig auf kommunaler Ebene getragen werden. Sie muss fair ausgeglichen werden – finanziell, rechtlich und politisch.“

Die Frage der Lagerung des radioaktiven Abfalls aus den kerntechnischen Anlagen wird sich noch über Jahrzehnte hinziehen, so die Einschätzung aller Beteiligten. Der radioaktive Abfall aus den Kernkraftwerken wird derzeit in Zwischenlagern aufbewahrt – so lange bis ein Endlager gefunden wird. Die BGZ hat während der ASKETA-Tagung bestätigt, dass sie die Verlängerung erster Zwischenlagergenehmigungen, die 2034 auslaufen werden, voraussichtlich nächstes Jahr beantragen werden – weitere Anträge sollen folgen. „Für alle ASKETA-Gemeinden ist klar: Die Zwischenlager dürfen keine Endlager durch die Hintertür werden – und das fordern wir auch ein“, betont Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze.

Das Kernkraftwerk in Krümmel ist seit 2011 außer Betrieb. 2015 hatte der Betreiber Vattenfall einen Antrag auf Stilllegung und Rückbau beim Ministerium für Energiewende, Klimaschutz und Umwelt in Schleswig-Holstein eingereicht. Seitdem dürfen im Kernkraftwerk vorbereitende Maßnahmen für den Abbau der Anlage getätigt werden. Die Genehmigung ist für nächstes Jahr angekündigt, mit ihrer Erteilung könnte der Abbau beginnen. Sicher ist aber: Der Abbau wird bis zu 15 Jahre andauern. Der gesamte Einlagerungsprozess in das noch zu findende Endlager aus allen Zwischenlagern wird voraussichtlich etwa 30 Jahre andauern.

Zum Hintergrund zu ASKETA:

Die ASKETA ist Mitglied der GMF (Group of European Municipalities with Nuclear Facilities), in der sich zahlreiche europäische Standorte mit kerntechnischen Anlagen zu einer Interessensvertretung auf EU-Ebene zusammengeschlossen haben.

ASKETA-Präsident ist Josef Klaus, Bürgermeister der Gemeinde Niederaichbach (BY), seine Stellvertreter sind Stefan Martus, Bürgermeister der Stadt Philippsburg (BW) und Olaf Schulze, Bürgermeister der Stadt Geesthacht (SH).

Die ASKETA versteht sich als Interessensvertretung der Standortgemeinden, die durch den Betrieb und den Rückbau der kerntechnischen Anlagen entscheidende gesamtgesellschaftliche Aufgaben in der Vergangenheit übernommen haben und auch in den nächsten Jahrzehnten übernehmen werden. Insbesondere die ungelöste Endlagerfrage stellt die Gemeinden vor erhebliche Herausforderungen. Da in den nächsten Jahrzehnten realistischer Weise nicht mit dem Betrieb eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle gerechnet werden kann, verbleiben diese Abfälle vor Ort in den Zwischenlägern der ASKETA-Gemeinden.

Die ASKETA-Gemeinden treffen sich abwechselnd zu Jahrestreffen an jeweils wechselnden Orten.

Weitere Informationen zu ASKETA gibt es auf der Website der Interessengemeinschaft hier.