Es ist eine der größten Wanderungen Geesthachts – und nur wenige Personen nehmen von ihr Notiz. Bei milder werdenden Temperaturen erwachen Kröten und Frösche wieder aus ihrer Winterstarre und machen sich auf den Weg in ihre Laichgebiete. An Stellen, an denen besonders viele Tiere unterwegs sind und sie Straßen überqueren müssen, fangen Krötenzäune die Amphibien ab. Dass zeitweise zum Beispiel um die 100 Tiere täglich den Worther Weg überqueren, bleibt Verkehrsteilnehmenden darum verborgen.
„Vergangenes Jahr hatten wir am Worther Weg plötzlich viele tot gefahrene Kröten. In diesem Bereich hatten wir zuvor noch keine Wanderungen wahrgenommen. Wahrscheinlich wollten die Tiere von der Hillmerschen Kiesgrube in Richtung Linau-Rückhaltebecken wandern. Uns zeigt sowas einfach immer wieder, dass der Prozess flexibel ist und dass wir immer wieder neu reagieren müssen“, erklärt Ulrike Stüber vom Fachdienst Umwelt der Geesthachter Stadtverwaltung, die sich seit Jahren mit der Amphibien-Wanderschaft im Geesthachter Stadtgebiet beschäftigt. Und gemeinsam mit dem Naturschutzbund hat der Fachdienst Umwelt reagiert: Zusätzlich zu den Krötenzäunen an Mercatorstraße und Wilhelm-Holert-Straße, die seit Jahren aufgestellt werden, schützt dieses Jahr auch am Worther Weg ein Zaun die Tiere vor der Straße. Aufgestellt worden sind die der Amphibienzäune im Geesthachter Stadtgebiet dieses Jahr bereits Ende Februar, was besonders früh ist. Der Grund: „Es war ein warmes Wochenende vorhergesagt worden und solche Wetterlagen lösen erfahrungsgemäß den Start der Amphibienwanderung aus. Darauf folgten dann allerdings wochenlang Nachtfröste, die jegliche Wanderungen zum Erliegen brachten. Aber seit Dienstag, 23. März, sind die Frösche und Kröten wieder aktiv. Wenn die Nachttemperaturen mindestens 5 Grad erreichen und es möglichst feucht ist, kommt Bewegung in die Wanderung“, erklärt Ulrike Stüber.
Stadt und Nabu kümmern sich in Geesthacht gemeinsam um den Amphibienschutz und fahren beim dabei mehrgleisig: Kröten und Frösche, die auf dem Weg zu ihrem Laichgewässer viel befahrene Straßen überqueren müssen, werden durch einen Krötenzaun von der Fahrbahn abgehalten. An den etwa 50 Zentimeter hohen, undurchsichtigen Kunststofffolien, die parallel zur Straße stehen, haben die Naturschützer in regelmäßigen Abständen Fangeimer eingegraben. Wenn die Amphibien versuchen, die Krötenzäune zu umgehen, landen sie in den Eimern, die jeden Morgen kontrolliert werden. Ulrike Stüber übernimmt den Gang einmal in der Woche, die übrigen sechs Tage werden von Mitgliedern des Nabu abgedeckt. Sitzen Kröten und Frösche in den Eimern, werden Art und Anzahl dokumentiert. Anschließend werden die eingesammelten Tiere über die Straße zum Laichteich getragen.
Die meisten Amphibien wurden früher immer an der Mercatorstraße gefangen. „Dort sind aktuell nur noch wenige Tiere festzustellen, weil im Zusammenhang mit der Ausweisung der angrenzenden Ackerflächen als Gewerbegebiet Maßnahmen getroffen wurden, die Amphibien auf alternative Gewässer umzuleiten“, erklärt Ulrike Stüber. Im Umfeld seien neue Gewässer geschaffen worden und die Jungtiere werden an der Rückwanderung durch das Gewerbegebiet gehindert. „Spannend wird es noch, wie viele Knoblauchkröten in diesem Jahr in den Eimerfallen landen. Diese Art macht sich erst später im Jahr auf den Weg, da sie tief eingegraben im Boden überwintert. Knoblauchkröten sind inzwischen selten geworden und haben auch an der Mercatorstraße in Geesthacht in den letzten Jahren immer mehr abgenommen“, ordnet Ulrike Stüber ein. Aktuell seien vor allem Erdkröten, Grasfrösche, Moorfrösche und einige Molche auf Wanderschaft.
An der Wilhelm-Holert –Straße wurden am Dienstag beispielsweise 31 Erdkröten und Grasfrösche eingesammelt. Die meisten Tiere landen derzeit am Worther Weg in den Eimern der Amphibienzäune. Am Dienstag waren es 59 Tiere - fast ausschließlich Erdkröten.